7. August 2009

Für mich einer der wundervollsten Erzählungen:

Eines schönen Morgens im April komme ich auf einer kleinen Seitenstrasse in Harajuku an dem 100 %igen Mädchen vorbei.
Ehrlich gesagt, ist sie nicht besonders hübsch. Sie ist weder besonders auffällig, noch ist sie schick gekleidet. Ihre Haare sind hinten vom Schlaf verlegen. Sie ist nicht mehr jung. So an die dreißig wird sie sein, nicht eigentlich ein Mädchen. Aber trotzdem weiß ich schon aus fünfzig Meter Entfernung: Sie ist für mich das 100 %ige Mädchen. Bei ihrem Anblick dröhnt es in meiner Brust, und mein Mund ist trocken wie eine Wüste.
Vielleicht gibt es einen bestimmten Typ Mädchen, der dir gefällt, mit schmalen Fesseln zum Beispiel oder großen Augen, vielleicht stehst du auf schöne Finger oder fühlst dich, warum auch immer, von Mädchen angezogen, die sich beim Essen viel Zeit lassen. Dieses Gefühl meine ich. Auch ich habe natürlich meine Vorlieben. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich im Restaurant gebannt auf die Nase des Mädchens am Nachbartisch starre.
Aber den Typ des 100 %igen Mädchens kann keiner definieren. An die Form ihrer Nase kann ich mich gar nicht erinnern. Ich weiß noch nicht einmal mehr, ob sie überhaupt eine hatte. Ich weiß nur, dass sie keine nennenswerte Schönheit war. Irgendwie seltsam.
„Gestern kam ich an dem 100 %igen Mädchen vorbei“ erzähle ich jemandem.
„Hm“, antwortet er, „war sie hübsch?“
„Nein, das nicht.“
„Also dein Typ.“
„Ich weiß es nicht mehr. Ich erinnere mich an nichts. Weder an die Form ihrer Augen, noch daran, ob sie große oder kleine Brüste hatte.“
„Das ist sonderbar.“
„Ja, es ist sonderbar“
„Na und“ sagt er scheinbar gelangweilt, „hast du was gemacht? Hast du sie angesprochen, oder bist du ihr nachgelaufen?“ ...

(by Haruki Murakamis)

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